"congenialer Meisterstreich"

Der erste Preis ist der congeniale Meisterstreich eines jungen, unbekannten Künstlers, der gegenwärtig an der Universität schwerpunktmäßig das Fach Fotografie belegt. Mit seinem Konzept „switch off oder wie man das Licht des Weltraumes über Lüdenscheid anknipst“ stößt der 1974 geborene Tim Otto Roth in bislang unbetretene Kunstregionen vor. Dessen Projekt ist minimalistisch, rigoros, scheinbar ultraeinfach, gleichwohl extrem folgenreich. Es handelt sich um einen sozialpsychologischen, mit philosophischen Ironismen durchsetzten Schachzug, der den elementaren Stellenwert von Licht focussiert und dabei existentielle Erfahrungen stimuliert. In seiner Versuchsanordnung stellt der Künstler folgende Bedingungen: In einer noch zu fixierenden Neumondnacht soll in der gesamten Stadt Lüdenscheid der Strom ausgeknipst und die Stadt damit verdunkelt werden. Durch das Fehlen des Mondes wird bei entsprechender Witterung der nächtliche Himmel in voller Pracht zu sehen sein. Untersagt im Übrigen sind Lichtersatzquellen, wie etwa Kerzen oder Taschenlampen. Mit schelmischem Blinzeln wird die Bevölkerung zur Einstimmung dazu aufgefordert, heimische Glühwürmchen zu sammeln und zu konservieren, diese beim black out in die Freiheit des Kosmos zu entlassen. Kernpunkt des Konzeptes ist die Sensibilisierung für das „natürliche Licht der Nacht“, für durch Energieverschwendung verursachte Umweltschäden. Abgesehen von offenkundigen Parallelen zur Weltenerschaffung ruft Roth auch das lokalspezifische „Identitätsmerkmal“ auf dem Plan: Die „Stadt des Lichts“ profiliert sich vorübergehend als Stadt der Finsternis. „Wie schwierig es ist, so etwas Selbstverständliches wie in der Nacht verfügbares Licht einfach abzuschalten“, dieser Tatbestand zeichnet sich bereits in diversen Anläufen auf eine Konkretisierung des Projektes ab.
Christina zu Mecklenburg

"LichtRouten", in: Junge Kunst 59 Juli-September 2004, S.22-28,S.27-28

www.switchoff.org

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