Andreas Glindemann - physicist
portrait glindemann
"The quantity of measurements decides if we can talk about an image"
(links for Andreas Glindemann)

Andreas Glindemann coordinates as the head of the VLTI (Very Large Telescope Interferometre) group the development of the facilities of optic interferometry at the Paranal Observatory in Chile. He works at the ESO headquarter in Garching/Germany.
Was nehmen Bilder für einen Stellenwert in Deinem beruflichen Umfeld ein?
spectra
spectra are more important than images
In der Astronomie werden natürlich Bilder oft dazu benutzt, um zu visualisieren, was man im Weltall eigentlich mit Teleskopen sehen kann, was man mit den Augen nicht sieht. Wichtiger als die Bilder sind für die Astrophysik jedoch die Spektren, die man aufnimmt, sprich die Verteilung der Intensität der Wellenlängen und die Modelle, die man damit verbindet, also Modelle für Stern- oder Galaxieentstehung.
Wie wichtig sind Bilder für Dich im Vergleich zu anderen Informationsquellen?
a picture says more than 1000 words Wenn wir Vorträge halten zur Astrophysik, werden natürlich Bilder und Graphiken verwandt, um Sachverhalte darzustellen. Was meistens viel einfacher ist, als mit Formeln, die man viel eingehender erklären muß. Man sagt ja, ein Bild sagt viel mehr als tausend Worte – das gilt mit Sicherheit auch in der Astrophysik und auch in der Physik allgemein.
Heute spricht man beim Bildherstellungsprozeß immer mehr von Imaging. Im Englischen unterscheidet man bei Bilder begrifflich zwischen image und picture. Ist der begriffliche Wandel vom picture zum image lediglich metaphorisch?
no reality, where we can't see and imagine Bilder sind schon immer etwas Interpretiertes. Das fängt schon mit dem an, was im Auge passiert, und was das Gehirn daraus macht. Es gibt ja Vexierbilder, die einem bewußt etwas vorgaukeln, um zeigen, daß nicht alles was man sieht auch die Wirklichkeit ist. Das setzt sich auch in der Astronomie fort. Bilder, die in anderen Wellenlängenbereichen als dem Sichtbaren aufgenommen werden, werden künstlich koloriert, indem man sagt, längere Wellen sind das Rote und kürzere das Blaue auch wenn man diesen Wellenlängenbereich nicht sieht. Manche bezeichnen dies als künstlich, das sei ja gar nicht so in Wirklichkeit – faktisch gibt es in diesem Bereich für das menschliche Auge keine Wirklichkeit, weil man dort nichts sieht und sich auch nichts vorstellen kann.
Der Erfinder der fixierten Photographie Henry Fox-Talbot schwankt bei der Einordnung des Bildgewinnungsprozesses zwischen invention und discovery. Sind Bilder für Dich als Gebildetes mehr Erfindung oder mehr Entdeckung?
sciences: no interpretation but comprehension of reality Ich würde Entdeckung sagen. Wenn wir die Bilder alltäglicher Dinge außen vorlassen, sondern von der Astronomie sprechen, so sieht man dort Bilder, die man vorher noch nie gesehen hat, die Aufgrund der Entfernung, der Intensität oder räumlichen Struktur nicht zugänglich waren. Bildung würde bedeuten, daß man einen Sinn hinbringt, den man sich vorher schon überlegt hat, weil das ist ja eine Interpretation der Wirklichkeit. Wissenschaft möchte den umgekehrten Weg gehen, sie möchte die Wirklichkeit begreifen. Daß das nicht ohne Modelle geht, also mathematische Modelle bei denen man sich theoretisch vorstellt, ein Stern müsse so und so aussehen und geht durch diese Entwicklungsstadien, das ist eine andere Sache. Doch am Ende muß man kritisch genug sein – genau das ist wissenschaftliches Arbeiten – um die Entdeckung, die man macht, zu vergleichen mit den Theorien, die man sich vorher gemacht hat, und zu korrigieren.
fringes Beim VLTI nehmt ihr für einen Außenstehenden schon einen Kunstgriff vor, indem ihr zwei Teleskope miteinander interferieren laßt. Zwei Teleskope werden also auf das selbe Himmelsobjekt ausgerichtet und die Lichtinformationen werden zur Überlagerung gebracht. Du sprachst gerade im Zusammenhang von Bilder von der Wiedergabe von Realität. Was hältst Du von der Formulierung, daß die Qualität der Bilder des VLTI zwischen hyperreell und virtuell oszilliert?
measurements depending on models Der Bildentstehungsprozeß in einem Interferometer ist rein formal der selbe, wie in einem einzelnen Teleskop, in einem Photoapparat oder einem Fernglas. Es ist zur Zeit noch eine technische Beschränkung, daß man aus verschiedensten Gründen nicht wirkliche Bilder aufnehmen kann, die dem gleichen, was wir kennen. Dadurch muß man sich beschränken, ausgewählte Aspekte von einem physikalischen Bild, ein Stern oder ein anderes Objekt am Himmel zu vergleichen mit den Einzelmessungen, die wir machen. Man macht modellabhängige Messungen.
Wie gingst Du mit den ersten Ergebnissen um?
Die ersten Ergebnisse waren eine technische Bestätigung, daß wir in der Lage sind, das Licht der einzelnen Punkte wirklich so zu kombinieren, daß wir die charakteristischen Streifenmuster erzeugen können. Wissenschaftlich war das eigentlich kein Durchbruch. Man kann z.B. das Modell herannehmen, daß Sterne ein Scheibchen sind. Aufgrund der ersten Messung waren wir schon in der Lage einzelne Parameter, wie z.B. den Durchmesser, zu bestimmen. Letztlich sind wir aber durchaus darauf aus, Bilder und Spektren aufzunehmen, die modellunabhängig sind, so daß man wirklich sagen kann, wie das Objekt aussieht.
Wie reagieren die Kollegen der Astronomie darauf?
Archernar
the succes of the VLTI will depend on to show more than just the diametre of an object
Die Astronomen sind erst einmal sehr aufgeregt und erfreut, daß das Experiment jetzt funktioniert hat. Es gibt bei Teleskopen in dieser Größenordnung nur ein Konkurrenzprojekt auf Hawaii [W.M. Keck Observatory], wo auch ein derartiges Interferometer in Betrieb genommen wurde. Allerdings denke ich, daß die Astronomen mit den jetzigen Resultaten nicht zufrieden sein werden, wenn lediglich Sterndurchmesser bestimmt werden. Wir müssen also noch nachlegen müssen und die Bildqualität, also die Zahl der Einzelheiten und Parameter im Bild, erhöhen. Wenn das so weiter voran geht, wie bisher, dann bin ich sehr optimistisch, daß wir wesentlich Fragen der Astrophysik angehen und auch klären können und damit die Astronomen auch begeistern können, VLTI zu benutzen – was eine Vorraussetzung dafür ist, daß es ein Erfolg ist.
Momentan wirken die produzierten Bilder ja sehr abstrakt.
the quantity of measurements decides if we can talk about an image Zur Zeit sind wir, da wir nur sehr wenige Messungen mit sehr wenigen Teleskopen machen können, darauf beschränkt, die wesentlichen mathematischen Modelle zu bestätigen oder zu widerlegen. Also ist insofern von Bild gar nicht die Rede. Das ist zwar keine prinzipielle Frage, daß von einem Bild hier noch nicht gesprochen werden kann, sondern daß ist nur eine Frage der Quantität der Messungen. Wenn wir genug Messungen machen können in kurzer Zeit – sagen wir einmal innerhalb einer Woche -, dann können wir auch Daten produzieren, die einem Bild ähneln, zumindest mehr ähneln als bisher.
computer pool paranal
digital images as everyday experience: a telesope looks like a computer pool
Unterscheidet sich Dein subjektes Empfinden von digitalen Bildern von herkömmlichen Umgangsformen mit Bildern?
Nein. In der Astronomie ist das schon seit langem so, daß man nicht mehr durch das Okular guckt und diese visuell durch Beobachtungen mit dem Auge interpretiert, sondern ein Teleskop sieht aus wie ein Computerraum mit Dutzend Bildschirm, wo auf einem zufällig das Bild erscheint, was die Kamera gerade aufnimmt. Ob das ein Bild ist, ein Spektrum oder eine Streifenmuster, wie in unserem Fall, das ist nur sekundär, es ist alles ein digitales Bild.
Hat sich durch die Digitalisierung Dein Vertrauensverhältnis zu Bildern verändert?
low trust in digital images Wenn es darum geht, was mir im privaten Bereich andere Leute als Fakt an einem Bild zeigen, dann würde ich sagen, daß das Vertrauen äußerst gering ist. Man kann eben von der Position der Personen bis hin zum Lichteinfall alles manipulieren. Da es kein Original auf Zelluloid mehr gibt, wo die Silberkristalle gewissen Positionen eingenommen haben, die man nicht mehr ändern kann, gibt es insofern kein Wahrheitsgehalt mehr beim Bild, wenn man es darauf anlegt diesen zu verändern.
Wie würdest Du nun die astronomischen Interventionen beschreiben, wenn z.B. nichtsichtbare Spektren ins sichtbare Spektrum verschoben werden?
egg nebula 1 egg nebula 2 egg nebula 3 egg nebula result
egg nebula in infrared spectrum
Das ist genau genommen die einzige Möglichkeit, um einen visuellen Eindruck von den verschiedenen Wellenlängen in einem ganz anderen Spektralbereich als dem sichtbaren zu erzeugen. Ohne diesen Trick geht es nicht, da würde man ansonsten nur Schwarzweißbilder sehen. Man würde dann sagen, dieses Schwarzweißbild ist bei der Wellenlänge und jenes bei einer anderen Wellenlänge gemacht worden. Wobei der Eindruck bei einem Sternhaufen verloren geht, daß gewisse Sterne etwas roter oder etwas blauer sind, was man in einem pseudokolorierten Bild sofort erfassen kann und man ansonsten nur sehr schwer mit Tabellen und ähnlichen Methoden erfassen könnte.
Aber es sind doch gerade diese pseudokolorierten Bilder mit denen man das Laienpublikum begeistern kann?
you don't need a telescope to make far things visible - just lie on the meadow and think about the black in the sky Es ist auch begeisternd, wenn man etwas sichtbar macht, was sehr weit weg ist von der eigenen Welt. Man muß sich dann fragen, was liegt eigentlich hinter der Welt, auch hintern dem, was man mit den größten Teleskopen sehen kann, wo endet das. Eigentlich braucht man hierzu gar kein Teleskop, sondern muß sich im Sommer nachts nur auf die Wiese zu legen und in den Himmel zu gucken und zu überlegen, dort wo schwarz ist, ist da tatsächlich schwarz, ist da ein Wand – also ganz triviale Fragen. Indem man Leute mit den pseudokolorierten Bildern begeistert, geht man einen Schritt weiter in diese Richtung.
barnard 33
horsehead nebula (ESO):
a lot of this images can't be used scientifically
Macht es nicht einen Unterschied aus, ob ein Wissenschaftler aus dem Magenta des Pferdekopfnebels für sich etwas herauslesen kann oder ob der Laie diesen Nebel so toll findet, weil er farblich so beeindruckend leuchtet?
Natürlich. Viele dieser Bilder, die in Zeitschriften veröffentlicht werden, sind wissenschaftliche nicht auswertbar. Das Magenta hat nichts zu sagen. Wenn man etwas auswerten will, dann muß man sich mit den Zahlen beschäftigen. Man muß sich angucken, welche Intensität in der Wellenlänge oder einer anderen vorkommt. Es rundet lediglich das Bild ab, wenn man sich ein Gesamtbild anguckt – aber auch nicht mehr.
Gibt es irgendwelche ästhetische Kriterien, wie man solche Bilder anlegt?
no aesthetic criteria Nein (lacht dabei). Das ist jedem selbst überlassen. Manche Leute haben mehr, manche weniger Geschick.
Es gibt also keinen verbindlichen Codex? Macht das die ESO auf die eine Art und die NASA auf die andere, oder macht das gar jeder Mitarbeiter auf seine Art?
putting the methods in the index the scientist can visualize images from non-visible spectra like he wants Das kann jeder machen, wie er will. Es muß eben drunterstehen. Die Atmosphäre ist nicht für alle Wellenlängen gleichermaßen durchlässig – im sichtbaren Bereich ist das zufällig so. Im Infraroten gibt es Wellenlängen da sieht man gar nichts. Man nimmt also Bänder die durchlässig sind. Wenn man nun z.B. mit drei Wellenlängen im Nahen Infrarot arbeitet, dann kann man sagen, daß man das ein Band als Blau interpretiert und die anderen als ein Grün und eine Rot. Das steht dann auch im Text der Abbildung. Wenn nun ein anderer sagt, ich nehme nur eines dieser Bänder auf, habe aber eine sehr weite Aufspreizung der Spektralfarben und mache innerhalb dieses Bandes, die Unterscheidung zwischen blau, grün und rot, dann ist es mit den entsprechenden Angaben auch in Ordnung. Ansonsten gibt es keine Regel.
Wobei der Laie denkt ja tatsächlich der Pferdekopfnebel ist rot und ist sich meist nicht bewußt, daß er etwas in einem nichtsichtbaren Bereich sieht.
Das sollte aber dabeistehen. Es meistens die Frage, ob man die Angaben als wichtige Information aufnimmt, daß es sich gar nicht um den sichtbaren Bereich handelt oder ob man einfach sagt, Bild ist Bild, rot ist rot. Das macht eigentlich auch gar nichts, man wird ja dadurch nicht betrogen oder hinter das Licht geführt.
Das Imaging hat sich heute zu einem sehr arbeitsteiligen Bildherstellungsprozeß gewandelt. Wie betrachtest Du diese Kette der Arbeitsteilung von Deinem Bereich aus?
astronomy:
a highly divided imaging process but not an automatic process
Meistens fängt man natürlich an damit zu sagen, wir wollen ein bestimmtes Signal aufnehmen, was so und so schwach ist oder wir wollen ein bestimmtes Spektrum aufnehmen, wobei wir diese Auflösung brauchen, um diesen und jenen wissenschaftlichen Sachverhalt zu bestimmen. Aus dieser Anforderung ergibt sich die technische Umsetzung und Realisierung. Es ist oft dann gar nicht nötig und interessant, daß man damit ein schönes Bild produzieren kann. Zu Anfang der Infrarotastronomie gab es gar keine Empfänger, die ein 2-dimensionales, bildhaftes Aufnehmen ermöglichten. Es gab einzelne Detektoren mit denen man Kurven aufnahm, die nie etwas mit einem Bild zu tun haben konnten.
Ansonsten hat jeder für die Realisierung seine technische Aufgabe: Der Mathematiker entwickelt, um die Bilder hinterher interpretieren zu können, indem man z.B. bestimmte Pixel, die sich in einem gewissen Abstand zueinander befinden, zusammennimmt. Die Informatiker realisieren hierzu nicht nur die Bildverarbeitung, sondern auch die aufwendige Kontrollsoftware für die Geräte. Die Astronomen und Wissenschaftler, die am Ende sitzen, machen oft die andere Arbeit auch mit. D.h. sie sind, dadurch daß sie jahrelang mit diesen Algorithmen gearbeitet haben, zu Spezialisten für diese Algorithmen geworden. Sie müssen dabei nicht die gesamte bildverarbeitende Theorie dahinter verstehen. Sie müssen nur wissen, wie man die Bilder messend interpretieren kann.
Wir haben das bei der ESO sehr automatisiert. Es gibt die sogenannte Qualitätskontrolle in der sogenannten Pipeline, d.h. am Ende, wo am Teleskop gesagt wird, die Daten sind gut genug. Letztendlich arbeitet aber jeder Astronom mit seiner Spezialsoftware, mit seinen Spezialgorithmen und seiner Erfahrung, um dann Ergebnisse zu erzielen, die dann wissenschaftlich haltbar sind. Es ist also weit davon entfernt ein automatischer Prozeß zu sein.
Ist dieser ganze Bildprozeß für eine Einzelperson noch überschaubar?
scientist doesn't need the overall view of the imaging process Nein, das ist aber auch nicht nötig. Ich verstehe nicht, wie die Elektronik einer Kamera funktioniert. Ich weiß auch nicht, wie ein Fax im Einzelnen funktioniert, ich bediene es trotzdem. So weiß ein Astronom unter Umständen auch nicht, wie die mechanische Aufhängung vom Teleskop oder die Magnetlagerung der Spiegel funktioniert, diese Kenntnis ist nicht notwendig. Man muß nur wissen, daß alles vorhanden ist und es funktioniert, wie es funktionieren soll und sich darauf konzentrieren, daß die ankommen Daten als rein wissenschaftliche Daten interpretiert werden können. Vibrationen im Bild rühren also nicht von einem vibrierenden Spiegel her, da das vorher getestet wurde, sondern werden tatsächlich von dem beobachteten Objekt hervorgerufen, das in bestimmten Frequenzen oszilliert. Man muß also nicht der Ingenieurwissenschaftler sein, der das Ganze von A-Z durchschaut und reparieren kann.
Meine Fragestellung rührt eigentlich aus dem Vergleich mit dem Vorgehen in der klassischen Photographie her. Der Photograph beherrscht dort ja prinzipiell den ganzen Bildprozeß, von der eigenen Herstellung der Photoemulsion bis zum bildlichen Output.
observatory as enterprise with a permanent stuff of about 50 people Das stimmt. Aber liegt aber auch eine andere Zielsetzung dahinter. Der Photograph hat ein Werkzeug, das er in vordigitalen Zeiten, wo man nicht alles nachträglich manipulieren konnte, beherrschen mußte, um bestimmte Ergebnisse zu erhalten. Da war es ziemlich wichtig, die ganze Technik zu begreifen, was z.B. die Wahl der Blende und die Belichtungszeiten für eine Wirkung auf das Ergebnis hatte. Insofern war das technische Erfassen des Werkzeugs wichtig, vor allem weil der Photograph alleine mit der Kamera arbeitet und sagen kann, hier guck mal, mach mal. Ein Observatorium ist hingegen ein großes Unternehmen mit ungefähr 50 Leuten, die dort permanent arbeiten. Es gibt dort Ingenieure verschiedener Fachrichtungen, die dafür sorgen, daß die Hightechmaschine auch richtig arbeitet.
Die Bildelemente digitaler Bilder, die mit Pixel abgekürzten Picture Elements, sind eigentlich nur Farbwerte denen bestimmte Koordinate zugeordnet werden. An und für sich kann ein Pixel mit einem mathematischen Punkt gleichgesetzt werden. Wie verhält sich es sich hier mit der Bemessung der Bildgröße gerade im vergleich zu konventionellen technischen Bildern?
pixel: regular and exact limitation Ich sehe keinen so großen Unterschied. Auch beim klassischen Film gibt es Grenzen, die auch nicht beliebig klein sein können. Beim Pixel gibt es Grenzen, die sehr exakt und regelmäßig vorgeben sind. Bei Film sind diese zwar variabel, aber in einer vergleichbaren Größe.
Was für eine Rolle spielt die Mathematik bei Deiner Arbeit?
mathematic as everyday tool in theoretical physics

Ich würde mich viel eher als Theoretiker in der Physik bezeichnen. Die Theorie der Physik und der Mathematik liegen sehr eng beisammen. Die Mathematik ist noch viel abstrakter, indem sie nicht darauf beschränkt ist, Naturphänomene zu erklären, sondern sich mehr auf logische Strukturen konzentriert. Die Physik greift beim Erklären von Naturphänomenen auf mathematische Beschreibungsweisen zurück, die beliebig kompliziert werden können. Insofern ist für mich Mathematik als Teil der Physik ein Handwerkszeug, das ich jeden Tag benutze.
Für einen Außenstehenden ist der Umgang mit dem Faktor Unendlich in der Mathematik bemerkenswert. Wie gehst Du damit um?
infinity as methodical approach to reality Der Faktor Null ist genauso erstaunlich. Die mathematischen Methoden mit Unendlich oder Null zu arbeiten sind in der Physik Gang und Gäbe. Das sind die Näherungen, die man von der Wirklichkeit macht, um überhaupt eine Methode zu haben, Vorraussagen machen zu können.
Das Imageprospekt der ESO wirbt auf der Vorderseite mit dem Spruch „Erforschung der Unendlichkeit“. Wie blickst Du in die vermeintlichen unendlichen Weiten Weltenraumes?
infinite: applicable as mathematical-physical model but not imaginable Ich glaube, daß kann man nicht erfassen. Man kann, wenn man in den Himmel guckt, nicht erfassen, was unendlich ist. Man kann es sich als physikalisches Modell vorstellen, man kann es mathematisch-physikalisches Modell benutzen, aber was letztendlich Unendlichkeit ist, da versagt das Vorstellungsvermögen. Darum behilft sich auch die Astrophysik mit dem Urknall, bei dem alles von einem Punkt anfängt und dann auseinandergeht. Was aber in unendlicher Entfernung vom Urknall passiert ist, ob es da noch einen gab oder ob vielleicht das Universum überseht ist von kleinen Zentren, die jeweils für sich ein Urknall darstellen, ob es mehr Dimensionen gibt oder gar die Vorstellung von unendlich vielen Dimensionen das Problem löst, das ist alles nicht klar. Es ist ein Ausdruck unseres beschränkten Blick ins Universum.
Wie verhält sich die menschliche Endlichkeit mit dieser scheinbaren Unendlichkeit. Um diesbezüglich auf die Bilder zurückzukommen. Wie geht Ihr mit den Objekten um, deren Licht bis zu 13 Milliarden von Lichtjahren zur Erde unterwegs war?
mathematical game to the inaccessible Man geht damit eigentlich gar nicht um. Das ist wie in jedem anderen Beruf, ähnlich wie man in der Medizin mit den täglichen Krankheiten umgeht. In der Physik hat man zum Glück nicht mit solchen Tragödien zu tun, sondern man geht von einem gewissen Modell aus und arbeitet mit diesem. Man kann dann sehr bequem und in aller Ruhe arbeiten, was bedeutet, da man bei einer Energiedichte die als unendlich angenommen wird, nirgendwo durch muß, da es sich ja lediglich um ein Modell handelt. Es ist sozusagen ein mathematisches Spielchen, bei dem man versucht andere Effekte, die einem nicht zugänglich sind, zu erklären.
interview by Tim Otto Roth from 10 December 2003 at ESO Headquarter/Garching, Germany
Links for Andreas Glindemann:
Priv. Doz. Dr. habil.Andreas Glindemann
/ESO

Links for VLTI:
www.kunstfassade.de/tor/vlti.html

www.imachination.net/03_04/edition.html

Publikcations:
(edited with Paulo J.V. Garcia, Thomas Henning, Fabien Malbet)