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Aktuell: Cosmic Revelation im Oppenauer 'Schlössle'

Am 3. Oktober wurde der Einzug der imachination labs in die neuen Räumlichkeiten in der 'Villa Baron von Oppenau' gefeiert. Um die Arbeit des Studios auch nach außen zu tragen, verwandelt Cosmic Revelationin den Abendstunden die beiden Türmchen in flackernde Lichtskulpturen. Bei dieser Kollaboration mit den Astroteilchenphysikern des Karlsruher Instituts für Technologie wird der Eintrag der unsichtbaren kosmischen Strahlung live vor Ort gemessen und in Licht umgesetzt. Die Installation ist aktuell an den Wochenenden in den Abendstunden zu sehen.


"A new art is encoding a new science."

[Martin Kemp über COSMIC REVELATION in Nature 458, 836]


Rückblick: Cosmic Revelation im Rahmen des Lichtkunstfestivals Aufstiege 2016

Vier Treppenhäuser der Zentrale der SV SparkassenVersicherung am Löwentor in Stuttgart sind rot erleuchtet. In kurzen, unregelmäßigen Abständen durchzucken weiße Lichtblitze die markant beleuchteten Eckpfeiler des Gebäudes. Auf dem Dach strahlt ein "Himmelszeiger" weithin sichtbar in unterschiedliche Richtungen und verweist darauf, dass das, was die Treppenhäuser auf scheinbar chaotische Weise zum Leuchten bringt, von weiter oben kommt. Auf dem Gebäudedach messen 16 hochsensible Detektoren live die Wirkung der kosmischen Strahlung, die bei ihrem Eindringen in die Erdatmosphäre beständig Kaskaden unsichtbarer Teilchen entstehen lässt.

Kulturregion Stuttgart SV SparkassenVersicherung KCETA

Unsichtbare kosmische Strahlung wird sichtbar

Cosmic Revelation macht sichtbar, dass wir uns, ohne es zu sehen, tagtäglich inmitten eines riesigen astrophysikalischen Experiments befinden. Dass Elementarteilchen mit unfassbar hohen Energien aufeinander treffen und sich zu einem so genannten "Event" mit Millionen von neuen Teilchen in einem "Schauer" ausbilden, ist nicht nur ein Phänomen, das künstlich erzeugt in physikalischen Großanlagen wie dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf beobachtet werden kann. Vielmehr wirkt hochenergetische Strahlung aus dem All "frei Haus" tagtäglich auf die Erde ein. Cosmic Revelation geht diesem Phänomen der kosmischen Strahlung nach und ist somit Lichtkunst und Experiment zugleich.
Das Projekt ist das Ergebnis einer Kooperation des Schwarzwälder Künstlers Tim Otto Roth mit den Astroteilchenphysikern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Bereits 2008/2009 wurde die Urversion von "Cosmic Revelation" mit eigens entworfenen Blitzskulpturen realisiert, die direkt im Großexperiment der Karlsruher Physiker gezeigt wurden. Nun macht Tim Otto Roth die Zentrale der SV SparkassenVersicherung am Löwentor in Stuttgart zum Forschungsfeld und holt damit die ansonsten unsichtbare Grundlagenforschung in den öffentlichen Raum.

Was in COSMIC REVELATION in die Sprache des Lichts übersetzt wird, sind die Energien der kosmischen Strahlung, die aus den Tiefen des Universums kommend stetig mit der Atmosphäre des Planeten wechselwirken. In regelmäßigen Intervallen macht sich das Entfesseln der kosmischen Kräfte durch ein Aufblitzen der rot illuminierten Treppenhäuser der Zentrale der SV SparkassenVersicherung bemerkbar. Mal blitzt es vereinzelt, mal leuchten alle gleichzeitig weiß auf. COSMIC REVELATION konfrontiert den Betrachter mit einer besonderen Form von Land Art. Wie in Walter de Marias "Lightning Field" werden kosmische Kräfte erfahrbar: Mit der Visualisierung der Livemessung vor Ort in Form von Lichtblitzen und dem "Himmelszeiger" macht das Lichtkunstwerk nicht nur auf die Luftschauer aufmerksam, sondern verweist auch auf das Ausgesetztsein des Menschen im Hinblick auf unsichtbare, natürliche Kräfte, die seinen Körper durchwirken.

Materie aus fernen Welten

Aus dem All gehen unterschiedliche Strahlen auf die Erde nieder. Neben elektromagnetischen Strahlen, wie sie uns allen als Licht bekannt sind, treffen auch hochenergetische Kernteilchen auf die Erde. Sie durchdringen das irdische Magnetfeld und treffen in der Atmosphäre auf andere Teilchen, d.h. sie wechselwirken vor allem mit den Molekülen der Luft. Durch diese Kollisionen wird Energie freigesetzt und in eine Vielzahl von Elementarteilchen umgewandelt. Es bildet sich eine Teilchenkaskade aus, die ausgedehnten Luftschauer.


Beschleuniger für kosmische Teilchen sind Super Novae. Der Krebsnebel resultiert von so einer gigantischen Sternexplosion. Er ist einer der meist studierten Himmelsobjekte in der Astronomie. Bild: Hubble Space Telescope

Diese kosmische Strahlung wird von den Astroteilchenphysikern auf dem Dach der SV SparkassenVersicherung gemessen. Die Messungen auf der Erde ermöglichen Rückschlüsse auf die Art der Teilchen aus dem All und deren Energie. Da hochenergetische Teilchen nur selten ohne vorherige Kollision auf der Erde eintreffen, lassen die gemessenen Teilchenschauer Rückschlüsse auf die ursprüngliche Beschaffenheit der Teilchen zu. Die vielen einzelnen Teilchen werden von den Physikern wie ein Fingerabdruck ausgelesen, um so das Wissen über das All ständig zu vervollständigen.

Cosmic mirrors

Ein gigantisches 4 Hektar messendes Lichtfeld machte Ende März 2009 auf dem Campus Nord des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Wissenschaft hautnah erlebbar. Was bei Cosmic Revelation auf dem Detektorfeld des KASCADE-Experiments in einer für Deutschland einmalig großen Lichtinstallation sichtbar wurde, sind die Energien der kosmischen Strahlung, die aus den Tiefen des Universums beständig auf unseren Planeten einwirken. Ein bis zwei Mal pro Sekunde entfesselten sich grell die kosmischen Kräfte in sechzehn eigens geschaffenen Blitzskulpturen - den "cosmic mirrors".
Einer dieser Blitzkulpturen stand während dem Lichtkunstfestival Aufstiege im Foyer der SV SparkassenVersicherung in Stuttgart. Ausgestattet mit drei kleinen Detektoren misst es live Teilchenschauer.
Für die Ausstellung "From the Rocket to the Moon" bei Parrotta Contemporary Art auf Burg Lede in Bonn-Vilich wird die Lichtskulptur erstmal um eine Soundkomponente ergänzt präsentiert.


COSMIC REVELATION, video documentation from winter 2009, ca. 3 min., mv4 or webm

Technik

Auf dem Dach der SV SparkassenVersicherung kommen auf einer Fläche von ca. 15 x 15 Metern 16 Detektoren in wettergeschützten Gehäusen zum Einsatz. Diese messen in Echtzeit Muonen und Elektronen. Die Messdaten werden in Echtzeit ausgewertet. Können solche Events in mindestens drei Detektoren zeitlich korreliert werden, dann läßt sich aus der geringfügigen zeitlichen Abweichung der Winkel des verursachenden Luftschauers berechnen. Ein in Java programmierter Eventmonitor übersetzt die gemessenen Events für die Lichtvisualisierung und steuert via DMX den Skybeamer auf dem Dach und die insgesamt 27 Stroboskope in den Treppenhäusern.
Die Treppenhäusern wurden eigens mittels Filterfolie rot illuminiert.

Über die Wissenschaflter & den Künstler

Ein großes Team des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) macht die neue Präsentation von COSMIC REVELATION möglich: Dr. Andreas Haungs (Konzept); Thomas Huber (wissenschaftlich-technische Projektleitung); Dr. Harald Schieler, Andreas Weindl, Bernd Hoffmann, Heike Bolz (technische Realisation); Christian Tesch, Philippe Bruder, Jan-Ole Gosewisch, Alexander Schneider, Daniele d'Ago (Studenten).

KCETA team
Gruppenbild mit dem KCETA-Team und dem Künstler auf dem Dach der SV Sparkassenversicherung.

Das Team gehört zum KIT-Centrum Elementarteilchen- und Astroteilchenphysik (KCETA) am Karlsruher Institut für Technologie. In KCETA wird experimentelle, technologische und theoretische Forschung in international vernetzten Großprojekten durchgeführt, um die Entwicklung des Universums, seine Bausteine und die Kräfte zwischen ihnen zu verstehen. Thematische Schwerpunkte sind die Elementarteilchenphysik, die Astroteilchenphysik und die dazugehörigen Hochtechnologien. Die grundsätzliche Ausrichtung von KCETA ist durch die großen Fragen der Astroteilchen- und Teilchenphysik sowie die langen Design-, Bau- und Messphasen der Großexperimente geprägt und steht daher im Zeichen von Kontinuität. Der Fokus in der Hochenergie-Astroteilchenphysik liegt in der Beobachtung der energiereichsten Teilchen aus dem Weltall mit dem Pierre-Auger-Observatorium in Argentinien, sowie der Entwicklung neuer Detektionsmethoden für kosmische Strahlung.

Tim Otto Roth (*1974 in Oppenau/Schwarzwald) studierte ab 1994 Politik und Philosophie in Tübingen und wechselte 1995 an die Kunsthochschule Kassel. 2001 war er Meisterschüler von Floris M. Neusüss, 2004 folgte ein Abschluss in der Theorie der Visuellen Kommunikation. 2014 promovierte er zur Kulturgeschichte von Schattenbildern an der Kunsthochschule für Medien in Köln. In seinen künstlerischen Arbeiten verbindet er auf besondere Weise Kunst und Naturwissenschaften. In der projektiven Übersetzung von Körpern in Schatten, durch das Schaffen von Klangräumen oder durch die künstlerische Auseinandersetzung mit der Faszination für den Weltenraum am nächtlichen Himmel erkundet er den Raum auf unterschiedliche Weise. Viele seiner Arbeiten lassen sich daher als ein Plädoyer für eine "Physik der Kunst" begreifen. Tim Otto Roth arbeitet mit Wissenschaftlern führender Forschungseinrichtungen wie der Max-Planck-Gesellschaft (D), der TU Dresden, dem KIT Karlsruhe (D), der Europäischen Südsternwarte [ESO], von ESA & NASA, dem Brookhaven National Laboratory (US) oder dem KEK in Tsukuba (JP) zusammen. Der renommierte Oxforder Professor für Kunstgeschichte Martin Kemp faßte Roths neuartiges Konzept Kunst und Wissenschaft zu verbinden, folglich so: "A new art is encoding a new science." Nature 458, 836] zusammen.
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Hintergrundbild: Das ehemalige KASCADE-Forschungsfeld.

NEWS

Studioeröffnung in Oppenau
Zum 1. August sind die imachination labs in neue Räumlichkeiten im Obergeschoss der Poststraße 5 in Oppenau eingezogen. Ab dem 3. Oktober ist Cosmic Revelation in den Abendstunden in den beiden Türmchen des imposanten Gebäudes zu sehen, um mit dem Hinweis auf das kosmische Theater auch nach Außen hin die Arbeit des Studios zu symbolisieren. Einige Impressionen im Kurzclip Cosmic Revelation @ Oppenau

Vom 1. Juli bis 31. August 2019
From the Rocket to the Moon, Gruppenausstellung in der Galerie Parrotta Contemporary Art, Burg Lede, Bonn. Impressionen von der Ausstellung auf Youtube

Pressebilder

Bitte konsultieren Sie folgende Seite von imachination projects.

Media Feedback

3 June 2019, Kosmische Strahlung und Gagarins Lächeln, by Stefan Knopp, Bonner Generalanzeiger

18. Oktober 2016
Sichtbare Strahlen, Badische Neueste Nachrichten

18. September 2016
Adrienne Braun: "Tim Otto Roth sorgt für Erschütterung", Stuttgarter Zeitung

June 2010
CAP JournalN°8 (June 2010), pp. 8-11

22 September 2009
Now online: Geman video feature on Cosmic Revelation by Welt der Physik.

1 June 2009
"Cosmic Revelation", article by Tim Otto Roth & Andreas Haung in the section Transactions, Leonardo Vol. 42, Issue 3 (2009).

16 April 2009
"Flashes of Cosmic Brilliance", review of Cosmic Revelation by Martin Kemp in Nature 458, p. 836

31 March 2009
"Cosmic rays spray art across a lawn", feature by Tona Kunz in symmetry magazine.

press images

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